Samstag, 28. Mai 2016

REZENSION zu Abgeschnitten

Buchinfos

Titel: Abgeschnitten
Autoren: Sebastian Fitzek & Michael Tsokos
Seitenzahl: 400
Verlag: Droemer Knaur
ISBN: 978-3-426-51091-9

Preis: 9,99 €

Inhalt

Im Kopf einer monströs zugerichteten Leiche findet der Rechtsmediziner Paul Herzfeld die Handynummer seiner Tochter Hannah. Sie wurde entführt und für Herzfeld beginnt eine Schnitzeljagd auf Leben und Tod. Dabei hat der Entführer eine weitere Leiche mit Hinweisen auf der Insel Helgoland präpariert, die jedoch wegen eines Orkans von dem Festland abgeschnitten ist. Die Hälfte der Bevölkerung der Hochseeinsel ist schon evakuiert, doch unter den Verbliebenen befindet sich auch die Comiczeichnerin Linda, die vor ihre Stalker auf die Insel geflogen ist und die den Toten am Strand gefunden hat. Sie ist Herzfelds einzige Chance, an die nächsten Hinweise über den Verbleib seiner Tochter zu gelangen, weshalb er alles daran tut, sie zu einer Obduktion des Toten zu überreden. Obwohl Linda bisher weder ein Seziermesser in der Hand hielt noch einen Menschen aufgeschnitten hat, versucht er ihr telefonisch genaue Anweisungen zu geben.

Eigene Meinung

Sebastian Fitzek ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Autoren seines Metiers, weshalb ich nicht umhin kam endlich mal ein Buch von ihm zu lesen und meine Wahl auf "Abgeschnitten" fiel. Dieses Werk, welches von mir fünf Eier bekommt, hat er gemeinsam mit dem Rechtsmediziner Michael Tsokos geschrieben, was für mich einen zusätzlichen Anreiz schuf, denn ich interessiere mich schon seit geraumer Zeit sehr für diesen medizinischen Fachbereich. Den Einstieg des Buches finde ich überaus gelungen, denn die beiden vorliegenden Auszüge aus Zeitungsartikeln, welche das geringere Strafmaß für Sexualstraftäter im Vergleich zu Steuerbetrügern zeigen, geben bereits einen kleinen Einblick in die fehlerhafte Handhabung mancher Straftaten unseres Rechtssystems. Normalerweise schrecke ich davor zurück zu behaupten, genau DAS will der Autor mit dieser Geschichte sagen oder die genauen Beweggründe dieser zu hinterfragen, denn manche Autoren schreiben "nur" um des Schreibens Willens und dennoch sind ihre Werke toll zu lesen. Allerdings sieht die Lage hierbei etwas anders aus, da es die zentrale Aussage der Geschichte ist. Das gesamte Buch ist eine Kritik an unserem Rechtssystem, wie folgender Textauszug auf erschreckend nüchterne Art und Weise beschreibt: "Und machen Sie sich keine Sorgen. Ich hab ja keine Steuern hinterzogen, nur einen Menschen umgebracht. Was soll mir da schon groß passieren?" (S. 392) Wie kann es sein, dass jemand der ein Kind vergewaltigt hat, auf Bewährung aus der ohnehin sehr kurzen Gefängniszeit entlassen wird oder gar den Freispruch erhält, während ein Steuersünder mehrere Jahre ins Gefängnis wandert ohne Option auf einen kürzeren Aufenthalt? Ist es nicht die Aufgabe des Staates für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen? Da frage ich mich schon, wer nun gefährlicher ist, der Steuerbetrüger oder der Vergewaltiger und Kindsmörder. Der Protagonist der Geschichte, der Rechtsmediziner Paul Herzfeld, lernt diese Missstände schmerzhaft zu spüren, als seine Tochter entführt wird und er sich auf die Jagd nach dem Psychopaten macht, der brutal zugerichtete Leichen mit Hinweisen auf den Verbleib von Hannah präpariert. Es kommt sogar so weit, dass Herzfeld per Telefon eine junge Comiczeichnerin dazu anleitet, die am Strand gefundene Leiche zu obduzieren, obwohl sie keinerlei Erfahrungen hat. Hierbei wird deutlich, dass ein Rechtsmediziner bei dem Verfassen des Buches mit von der Partie war, denn das Öffnen des Körpers wird bis ins kleinste Detail beschrieben, was mir sehr gut gefallen hat, denn dadurch gewinnt die Geschichte an Authentizität und man erfährt etwas über die Arbeitsweise eines Gerichtsmediziners. Menschen, die solche bildlichen Szenen jedoch nicht vertragen, sollten aus diesem Grund besser die Finger von diesem Buch lassen, auch wenn sie wirklich etwas verpassen. Denn "Abgeschnitten" ist einer der spannendsten, nervenaufreibendsten und aufwühlendsten Thriller, die ich jemals gelesen habe. Innerhalb eines Tages habe ich dieses Werk verschlungen, da man es einfach nicht mehr aus der Hand legen kann, wenn man seinen Blick einmal auf die Seiten geheftet und die Geschichte abgetaucht ist. Selbst wenn man es nicht denkt, kommt eine Wendung, die man so niemals erwartet hätte. Ich habe schon viele Krimis gelesen, doch nur wenige haben mich so oft überrascht wie Fizek und Tsokos in diesem Buch. Eins meiner zahlreichen Highlights in diesem Buch ist nicht nur die Themenvielfalt - von Stalkern über psychopatische Killer und Vergewaltiger bis hin zu Selbstmördern ist alles dabei - sondern die Art mit typischen medizinischen Klischees aufzuräumen, die mich mehr als einmal zum Schmunzeln gebracht hat. So sollte nach dem Lesen beispielsweise jedem klar sein, dass man die Zunge nicht verschlucken kann. Zum Schluss möchte ich euch noch eine gut gemeinte Warnung mit auf den Weg geben: Dieses Buch enthält detaillierte Szenen von Kindesmisshandlung, Obduktionen und Stalking, bei denen es einem eiskalt den Rücken hinunterläuft. Wer dies nicht verträgt, sollte "Abgeschnitten" nicht lesen, schon gar nicht im Dunkeln. Wer jedoch einen der besten Thriller der letzten Jahre lesen möchte, der ist hier auf jeden Fall richtig aufgehoben, denn die starken Charaktere, die packende Geschichte und das unheimliche Setting garantieren Nervenkitzel pur.
 
Bewertung

 

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